20.06.2006 Der
Golfclub St. Oswald-Freistadt im Mühlviertel, eine halbe Autosstunde von Linz entfernt, ist etwas ganz Besonderes. Und das nicht nur,
weil Loch 5 mit 612 Metern das
längste Par 5 in ganz Europa ist. Eine kleine Sensation und ein nachahmenswertes Vorbild für
andere Golfanlagen ist vor allem das futuristisch anmutende, avantgardistische und trotzdem
urgemütliche Clubhaus.
Entworfen und gebaut wurde es von dem jungen fünfköpfigen Team der X-Architekten (Büros in Linz und Wien) in Zusammenarbeit mit der Kunstuniversität Linz. Nur einer von ihnen spielt Golf. Das Clubhaus stellt ein bewohnbares Divot dar.
Zum einen verblüfft die Ästhetik des Baus: Eingefügt in eine
"aufgeschnittene" Hügellandschaft wirkt er fast wie ein Teil der Natur. Nahtlos
geht der grüne Rasen über aufs begehbare Dach. Zum anderen ist das Gebäude ein
Passivhaus, einmalig in Österreich: energiesparend gebaut, mit großzügigen
Fensterflächen, eingeschossig, zum Teil unterkellert, insgesamt 600 Quadratmeter
groß. Es wurde gemeinsam mit der Energie AG Oberösterreich als
Modellprojekt errichtet. Dieses Haus kommt ohne Heizung aus,
und ein Experte der Energie AG kann dank "E-home-Service" alle Funktionen per
Internet fernsteuern.
Seit seiner Eröffnung im letzten Sommer steht das Vorzeigeobjekt jedem
Interessierten offen. In einer eigenen Info-Ecke sind die Messdaten der
neuartigen Heiz- und Lüftungssysteme abrufbar. Die Raumwärme wird ausschließlich
aus der Abluft der Restaurantküche, der Duschen und der Kühlanlagen gewonnen und
mit Hilfe einer Wärmepumpe aufbereitet. Das klingt zunächst etwas stickig, aber
genau das Gegenteil ist der Fall. Das ausgeklügelte Lüftungs- und Heizungssystem
"recycelt" verbrauchte Luft zu 100 Prozent. Die Akustikdecke im Restaurant
dämpft nicht nur den Schall, sie wirkt auch als Porendecke und bläst ständig
Frischluft ein, ohne dass es zieht oder akustisch stört. Ausdrücklich lobt der
Club die "sehr gute Luftqualität" als "hohen Komfortgewinn". Selbst wenn die
Küche kalt bleibt, sinkt die Raumtemperatur dank hervorragender Wärmedämmung im
Haus pro Tag nur um 0,5 Grad Celsius. "In St. Oswald ist es uns gelungen, der
Gastronomie ein konkurrenzfähiges und kostensparendes Gesamtkonzept für ein
Passivenergiehaus zu präsentieren", so der Generaldirektor der Energie AG, Leo
Windtner.
Die X-Architekten lösten ihren eigenen Anspruch ein, "intelligente Bauten" zu
schaffen, in denen sich einfache Oberflächen und ausgetüftelter Materialeinsatz
ergänzen. Sie wählten wenig bearbeitetes Eichenholz für Böden und
Wandverkleidungen, was erstaunlich modern wirkt. Haptisch interessant: der
sichtbar gelassene "gestockte", mit Meißel behauene Beton, etwa in den
Garderoben oder an der Bar um den langen Spiegel herum. Dass bei dieser
Gelegenheit dem Golfsport das Elitäre genommen wurde, lag durchaus im Interesse
der Auftraggeber.
"Die Schwierigkeit bestand darin, das Verständnis von Gemütlichkeit in die
Jetztzeit zu transformieren, ohne als Planer entlassen zu werden", lächelt David
Birgmann von "X-Architekten". Dass das gelang "war eine große Erleichterung."